Eine Halle für alle
Die Oberschule Habenhausen und der ATSV Habenhausen sind ein Musterbeispiel dafür, wie die Kooperation zwischen Schule und Verein zu einem Erfolg für beide Seiten wird. Sie unterstützen sich, wo es möglich ist.
Wenn zwei Seiten Bedarf an nur einem Gegenstand anmelden, ist Streit programmiert. Der muss sich aber nicht zwangsläufig einstellen. Ein gutes Beispiel für ein friedliches, harmonisches Miteinander ist am Bunnsackerweg in Habenhausen zu finden, wo sich eine Schule und ein Verein die Nutzung der Sporthalle teilen. Weil den Partnern das Teilen offensichtlich sehr gut gelingt, bekommt der eine vom anderen sogar noch eine Zugabe obendrauf. Wer meint, die Geschichte passe gut zu Weihnachten, nicht aber in die heutige Zeit, dürfte überrascht sein.
Schon bei der Begrüßung ist zu spüren, dass die Chemie zwischen dem Schulleiter und dem Vereinsvorsitzenden stimmt. Hier André Sonnenburg (41) als Chef der Oberschule Habenhausen, dort
Alexander Svoboda (48) als Vorsitzender des ATSV Habenhausen. „Es läuft einfach gut zwischen uns“, sagt Sonnenburg und begründet seine Aussage ebenso simpel wie originell: „Das merkt man auch daran, dass wir meistens über nichts sprechen müssen, weil alle Beteiligten es gut machen.“ Svoboda widerspricht da nicht. „Wir teilen sehr gut. Und wenn wir etwas auf dem Herzen haben, tauschen wir uns auf kurzem Weg aus.“
Theoretisch gäbe es genügend Konfliktpotenzial: Wer will wann in die Halle? Wer kümmert sich um etwaige Schäden? Wer ist es gewesen, wenn die Halle verschmutzt ist? Praktisch, so betonen die Verantwortlichen, gebe es jedoch keine Probleme. „Das Gute ist, dass wir vormittags dran sind und der Verein nachmittags“, sagt Sonnenburg. Zwischen 8 und 14.15 Uhr, manchmal auch bis 15.30 Uhr, nutze die Schule die Halle, ab halb vier ist der ATSV am Zuge. „Größere Probleme dürften erst dann auftreten, wenn die Schule eine Ganztagsschule sein wird“, sagt Svoboda. Ihm graut vor diesem Gedanken.
Handballtraining erst ab 17 Uhr: „Das wäre für uns der Super-GAU.“
Schon jetzt werde die Sportstätte für Handball und Tischtennis an manchen Tagen von mehreren Teams gleichzeitig genutzt. Weniger Hallenzeiten würden den Verein in seinem gewohnten Betrieb massiv beeinträchtigen.
Wenn die Schule eine Ganztagsschule wird, werden wir riesen Probleme bekommen. Bereits jetzt nutzen bis zu 4 Mannschaften zeitgleich die Halle.
Mögliche Reibungspunkte werden in Habenhausen abgearbeitet, bevor sie ihre Wirkung entfalten könnten. Die Absprachen über die zeitliche Nutzung der Halle werden ebenso pragmatisch getroffen wie die Beseitigung von Schäden oder Verschmutzungen. Es gelte das gesprochene Wort, schriftliche Verträge gebe es nicht. Formal wird es für den Verein nur bei der Anmietung der Sportstätte, die – wie für alle städtischen Anlagen in Bremen üblich – über das sogenannte Hallenmanagement erfolgt.
Schäden und Verschmutzungen werden nach dem Verursacherprinzip beseitigt. „Es kann immer mal etwas in der Halle liegenbleiben“, sagt Svoboda, „das ist ja keine böse Absicht.“ Dann werde es eben weggeräumt, sagt Sonnenburg. Und wer etwas kaputt mache, komme auch dafür auf. Das klappe alles unbürokratisch. „Wir haben bislang immer eine Lösung gefunden“, sagt der Schulleiter – so auch nach einer etwas zu üppig ausgefallenen Siegesfeier der Habenhauser Drittliga-Handballer. Die Schule hatte zuvor gerade die Umkleiden renoviert. „Das nochmalige Streichen hat der Verein dann bezahlt“, sagt Sonnenburg. Svoboda fängt an zu lachen – und widerspricht diesmal. „Das hat die Mannschaft bezahlt – Verursacherprinzip!“
Das Verhältnis zwischen Verein und Schule beruhe auf gegenseitigem Geben und Nehmen, sagt der Vereinschef. Weil alles so hervorragend laufe, stelle der ATSV der Oberschule gelegentlich auch Räumlichkeiten in der vereinseigenen Halle in der Kästnerstraße zur Verfügung – und das unentgeltlich. „Ich glaube, da wäre der Verwaltungsaufwand letztlich größer als unsere finanzielle Einnahme“, sagt Svoboda. Was nichts daran ändert, dass die Geste klasse ist.
Beispielhaft für das gute Zusammenspiel der beiden Partner ist auch der Einsatz der jungen Menschen, die beim ATSV ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ableisten. Sie gestalten in der Sporthalle die sogenannte Aktive Pause der Schulklassen, in der sich die Jugendlichen so richtig austoben können und sollen. Diese zusätzliche Bewegungseinheit sei auch gut, um die Schülerinnen und Schüler in der Corona-Zeit räumlich auf Distanz zu halten, sagt André Sonnenburg. Wer gerade Sport mache, stehe eben nicht auf dem Schulhof. Die Aktive Pause zeige, „wie Schule und Verein im Alltag miteinander verwoben sind“.
Angesichts der Harmonie erscheint es logisch, dass Schule und Verein weitere gemeinsame Projekte in Angriff nehmen wollen. Im Januar soll es eine Aktion zur Berufsorientierung der Schüler geben. In Gesprächen mit den Sponsoren des Handball-Drittligisten sollen die Jugendlichen Ideen dafür bekommen, welche beruflichen Möglichkeiten sie möglicherweise schon vor Ort vorfinden. „Uns ist die Öffnung zum Stadtteil ganz wichtig“, sagt der Schulleiter, „das soll auch über solche Aktionen geschehen.“ Der ATSV Habenhausen wiederum erhoffe sich, so Alexander Svoboda, mehr Interessenten für ein Freiwilliges Soziales Jahr im Verein.
Bei so viel Übereinstimmung zwischen den Hauptverantwortlichen ihrer Einrichtungen verwundert es nicht, dass beide wunschlos glücklich miteinander sind. Was der jeweils andere besser machen könnte, wissen Sonnenburg und Svoboda jedenfalls nicht. „Mein Wunsch ist, dass wir so weitermachen wie bisher“, sagt der Schulleiter, „dass wir gemeinsam weitere Projekte in Angriff nehmen und weiterhin in den Stadtteil wirken.“ Diesen Wunsch würde er so unterschreiben, sagt der Vereinschef. Und fasst den Kern des ganzen Gesprächs in einem Satz noch einmal zusammen: „Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit.“
Weser-Kurier vom 24.12.2021 – Jörg Niemeyer